(Dieser ausgezeichnete Artikel erschien in der Jubiläumsnummer „40 Jahre Pro Israel Aktuell“ 2/2021, Pro Israel Aktuell, Postfach, CH-3607 Thun, doch mit Erlaubnis dürfen wir ihn auch an unsere Leser weitergeben. Rea Israel unterstützt diesen segensreichen Dienst bereits seit mehreren Jahren.)
Über die Gesellschaft der Beduinen mit ihren verschiedenen Stämmen gibt es viel zu schreiben. In diesem Artikel versuchen wir, ein Bild von dem zu zeigen, was wir in den Jahren der Arbeit mit einem bestimmten Stamm gesehen und gelernt haben, der von den Beduinen selbst als der geringste unter ihnen angesehen wird.
Unsere Verbindung mit diesem Stamm begann in den frühen 2000er Jahren, als wir schon in der südlichen Stadt Arad lebten, an der Grenze zwischen der judäischen Wüste und dem Negev, wo Beduinenstämme sich ausbreiten. 50 % der Beduinendörfer in Israel sind illegal und befinden sich in einem endlosen Streit mit der israelischen Regierung über den Besitz von Land. Sie leben in einem ständigen Prozess der Veränderung vom Nomadendasein zur Moderne. Ihre Welt hat sich stark verändert, aber da sie sich an ihre Vergangenheit klammern, fällt ihnen die Integration in das gegenwärtige Umfeld schwer.
Wenn Sie jemals in Israel gewesen und durch die Strassen von Jerusalem oder Tel Aviv gegangen sind, würden Sie nicht glauben, dass solche Dörfer in unserem Land existieren. Die unglaubliche Armut – nicht nur materiell, sondern auch in ihrem Geisteszustand – ist zutiefst verstörend und sehr traurig. Ihre Kultur würde man nach allen westlichen Massstäben als primitiv bezeichnen. Das betrifft Schulbildung, Wissen, Ambitionen, Entwicklung der Gesellschaft, Entwicklung der Umgebung, Heirat, Kindererziehung, Sozialverhalten, Behandlung der Frauen, das Ausmass der Gewalt in dieser Gesellschaft einschliesslich häuslicher Gewalt und so weiter. Die Männer, die als wichtiger betrachtet werden als die Frauen, haben keine Ziele. Es ist eine Gesellschaft, die Diebstahl, Gewalt und andere kriminelle Handlungen sowie das Sitzen im Gefängnis als eine Art Ehre und „männlich“ ansieht.
Unser Glaubensbruder, ein ehemaliger Krimineller, der aus einem der Beduinenstämme ausserhalb von Arad stammt, ging zurück in sein Haus, eine Bibel in der Hand, las darin in seinem Zimmer und erzählte seiner Familie von Jesus. Nachdem er erneut im Gefängnis sass, wurde er verspottet, verhöhnt und sogar von seiner eigenen Familie bedroht. Telefonanrufe bei uns von seiner Familie liessen uns wissen, dass es für ihn besser wäre, wegen Diebstahls und anderer Straftaten im Gefängnis zu sitzen, als ein Christ zu sein. Dieser Mann war eines von zehn Kindern, das ohne Schuhe an den Füssen aufgewachsen war, nachdem sein Vater seine erste Familie verlassen hatte, um eine andere Frau zu heiraten.
Das ist kein Einzelfall. Wir sehen dies wiederholt in dem Stamm, mit dem wir in Kontakt sind. Männer, die ihre Frauen vernachlässigen und verarmen lassen, sodass für die Kinder nichts zu essen übrig bleibt, während sie ein Haus für ihre neue Braut vorbereiten.
Verbotene Polygamie
Ein 16-jähriges Mädchen, die Älteste in ihrer Familie, war immer willig, den Regeln des Islam zu folgen, welche sie zu Hause und in der Schule so fleissig gelernt hatte. Wann immer wir versuchten, mit ihr über Gottes Wege zu sprechen, kam dieses Mädchen wieder auf den Islam zurück und verteidigte ihn unnachgiebig. Ihre Welt zerbrach, als ihr 36-jähriger Vater beschloss, sich eine zweite Frau zu nehmen. Seine neue Frau war nur 18 Jahre alt, zwei Jahre älter als dieses junge Mädchen. Die Tränen liefen ihr über die Wangen, und sie sagte immer und immer wieder, wie sehr sie sich wegen ihrer Mutter gekränkt fühlte und dass sie weder verstehen, noch sich damit abfinden könne, was da vor sich ging. Warum holt ihr Vater eine andere Frau ins Haus? Was machte sie zu seiner Auserwählten? Was würde jetzt passieren?
Polygamie ist in Israel verboten, also lassen sich die Männer von einer Frau „scheiden“ und heiraten eine andere. Doch in Wirklichkeit leben beide Frauen fortan nebeneinander, wobei für die neue Frau und ihre Familie speziell ein separates „Haus“ gebaut wird. Der Mann kümmert sich um die Bedürfnisse der neuen Familie, die erste wird vernachlässigt und buchstäblich im Stich gelassen. Väter kümmern sich nicht mehr um ihre eigenen Kinder, denn sie haben nun für eine andere Familie zu sorgen.
Das ist schockierend, aber das Traurige daran ist, dass ihre Gesellschaft das als normal betrachtet. Die erste Frau wird vom Sozialstaat in Israel bezahlt, weshalb es für sie keinen Grund zur Sorge gibt. Die Wahrheit ist, dass das bezahlte Geld nicht ausreicht, um eine grosse Familie zu ernähren mit ihrem wachsenden Bedarf an Kleidung, Schuhen und Grundbedürfnissen. Da die meisten Beduinenfrauen keine richtige Ausbildung haben, sind die Arbeitsmöglichkeiten für sie rar. Sie sind zu einem Leben mit wenig bis keiner Aussicht auf Besserung gezwungen.
Beduinenzelt. (Symbolbild)
Warum haben die Frauen keine richtige Ausbildung? Speziell in diesem Stamm, in dem der Islam und die Tradition stark befolgt werden, und je nachdem, wie fanatisch der Familienvater ist, werden die Mädchen am Ende der 8. Klasse oder früher illegal aus der Schule genommen. Die Schulen stimmen dem stillschweigend zu und melden sie dem Bildungsministerium nicht als „im Unterricht fehlend“, um weiterhin staatliche Unterstützung zu erhalten. Diese beläuft sich auf eine beträchtliche Summe pro Schülerin. Es stellt sich heraus, dass nur sehr wenige Mädchen das Glück haben, weiterzumachen und ihre Schulbildung abzuschliessen, geschweige denn eine höhere Ausbildung zu geniessen.
Und was passiert mit den jungen Männern und Frauen?
Stellen Sie sich einen Ort vor, an dem Mädchen und Knaben eher ein Ärgernis als ein Segen sind. Sie wachsen in Blechhütten auf. Der Ort, den sie ihr Zuhause nennen, ist nicht möbliert, ausser mit ein paar Stühlen auf einem kahlen Zementboden. In der Ecke stapeln sich Matratzen, die nachts ausgelegt werden. Kein Spielzeug und keine Bücher, die zum Nachdenken anregen. Wenn ein Haus eine Toilette und einen Wasserhahn hat, so werden die Besitzer als wohlhabend angesehen. Und obwohl sie nichts haben, werden die Knaben erzogen wie Prinzen. Mädchen führen ein trauriges Dasein und haben kaum eine Zukunft. Die jungen Männer brechen die Schule ab und gehen zu Gelegenheitsarbeiten auf den Bau, zusammen mit ihren älteren Geschwistern oder ihrem Vater. Aber sie bleiben ohne Ausbildung und ohne die beruflichen Fähigkeiten, sich einen Lebensunterhalt zu verdienen. Was geschieht dann mit ihnen, wenn es kein Geld gibt und sie ihre Familie nicht ernähren können? Wohin führt das, wenn nicht in einen nie endenden Kreislauf aus Armut, Gewalt und Kriminalität?
Ja, es gibt Beduinen, die hochgebildet sind und ihre eigenen Unternehmen gegründet haben, aber nicht viele. Beduinen sieht man überall in Arad, jeden Tag, den ganzen Tag lang. Die meisten von ihnen haben wenig bis gar keine Arbeit. Sie sitzen in Arad herum und geniessen das, was sie in ihren eigenen Dörfern nicht haben, wie Kaffeehäuser, Topfblumen im Stadtzentrum, Geschäfte, Klimaanlagen im Einkaufszentrum, wo sie manchmal auf einem bequemen Stuhl einschlafen, der zum Verkauf angeboten wird. Dann gehen sie wieder zurück in ihr Dorf, welches nichts hat: Keine Sitzgelegenheiten, keine Spielplätze für die Kinder, keine Lebensmittelgeschäfte, keine Kliniken, kein Strom, keine Strassen, kein fliessendes Wasser, keine Schönheit, keine Ideen, kein Leben.
Ihre Welt ist farblos. Ihre heutige Wirklichkeit ist unfruchtbar und leer. Sie haben keine Vision und auch keine Hoffnung auf eine solche. Sie werden zu Erwachsenen ohne Ambitionen, voller Schmerz, aber sie halten unerbittlich an ihrer Religion fest. Genau diese Religion, die sie, ihre Familie und ihre Gesellschaft von innen heraus zerstört.
Und wer sind die Mädchen, die sie heiraten werden? Mädchen, denen nicht erlaubt wurde, ihren Horizont über das Alter von 14 Jahren hinaus zu erweitern. Von diesem Alter an mussten sie zu Hause bleiben. Ihre Köpfe sind bedeckt, und sie sind dazu bestimmt, so schnell wie möglich weggeheiratet zu werden. Stellen Sie sich eine Frau vor, von der erwartet wird, dass sie so viele Kinder wie möglich bekommt, kurz vor ihrem 5. Kaiserschnitt. Sie hat kein Recht, diesen Irrsinn zu beenden. Welche Hoffnung gibt es für sie? Welche Hoffnung hat eine Frau, die im Augenblick ihrer Heirat zum Eigentum ihres Mannes wird und die ohne seine ausdrückliche Erlaubnis nicht einmal vor die Haustür treten darf?
Unterstützung dringend nötig
Der Abgrund der Probleme mit den Beduinen ist seit vielen Jahren eine tickende Zeitbombe und war über Jahrzehnte nur eine „Handvoll Ärger“ für die jeweiligen israelischen Regierungen. Sie waren mit Israels Sicherheit und anderen Angelegenheiten beschäftigt, welche einen grossen Teil ihrer Aufmerksamkeit beanspruchten und die Sorge von dieser wachsenden Problematik abgezogen haben. Die Beduinenstämme, ihr wachsender islamischer Fanatismus und ihr Bevölkerungswachstum (mit einer Verdoppelung alle 10 Jahre) wurden alle beiseite geschoben. Ihre Schulen, die Teil des israelischen Bildungssystems sind, wurden so lange vernachlässigt, dass es inzwischen unklar ist, welchen Wert der Lernstoff für die Kinder noch hat. Und es sieht so aus, als ob zwischen den Bedürfnissen der Kinder und dem Unterricht in der Schule Welten liegen. Die meisten der jungen Erwachsenen, die wir treffen, sprechen sehr schlecht Hebräisch, kein Englisch und können nicht einmal in ihrer eigenen Sprache lesen und schreiben (oder dann sehr schlecht). Wir haben dies bei den Jugendtreffen, die wir für Jugendliche aus diesem Dorf organisieren, und ebenso bei den Treffen für die Frauen dieses Stammes gesehen. Was können wir also tun? Können wir die Situation verändern? Es gibt so viel Arbeit zu tun, und jede Hilfe, die wir leisten, ist so klein im Vergleich zu der Menge, die benötigt würde. Manchmal fühlt es sich an, als würden wir versuchen, mit einem Esslöffel den Schaum vom Meer abzuschöpfen. Trotzdem wird jede Hilfe, die sie bekommen, sehr geschätzt und gerne angenommen.
Ein kluger Mensch hat einmal gesagt: „Wenn Du nicht die ganze Welt verändern kannst, dann fang damit an, indem Du einem Menschen hilfst.“ Das ist es, was wir mit Gottes Hilfe versuchen, indem wir in ihre Dörfer gehen, Essen und Kleidung verteilen, den weinenden Frauen zuhören, persönlichen Kontakt zu den Beduinenmännern aufnehmen, Aktivitäten für die Kinder und Jugendlichen organisieren und den Weg zu Jesus, seiner Liebe und Erlösung zeigen; um durch Gottes Gnade einen Unterschied in unserem Umfeld zu machen.
Wichtige Gebetsanliegen
Wir bitten Sie, mit uns zu beten. Beten Sie, dass sich nach langer Zeit und vielen Anstrengungen etwas in die richtige Richtung bewegt. So wie wir es an anderen Orten in der Geschichte erlebt haben, dass Gott eingreift und grosse Veränderungen bewirkt. Beten Sie, dass, was immer wir auch tun, unserem einzig wahren und heiligen Gott Ehre bringt und sie die Hoffnung und das Licht, das in Jesus ist, erkennen können. Wir hoffen, dass es einen Rutsch auslöst und Gutes für sie, ihr Umfeld und die Gesellschaft, in der sie leben, bewirkt – das jüdische Volk im Land Israel, das die Rettung durch Jesus genauso braucht wie die Beduinen. Bitte beten Sie mit uns, dass dies geschieht, denn …
„Gross ist der HERR in Zion, und hoch ist er über alle Völker. Preisen sollen sie deinen Namen, den grossen und furchtbaren, heilig ist er!“ (Psalm 99, 2-3)
Debbie und Yoyakim Figueras
Gaben für den Dienst von Yoyakim & Debbie Figueras leiten wir gerne an sie weiter.
Bitte helfen Sie uns helfen!
Postkonto 60-730528-4